Sonja Ehrlich ist eine dieser mutigen Frauen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Sie hat ihr Büro gegen ein Pilatesstudio und den Schreibtisch gegen ein Tuch ausgetauscht.
Wer sich nun fragen mag, was Pilates mit einem Tuch zu tun hat: Wir haben Sonja zum Interview getroffen. Und Antworten auf alle Fragen.
Du bietest in deinem Studio Flying Pilates – was muss man sich darunter vorstellen?
Für das Flying Pilates habe ich im Prinzip die Übungen aus dem Matten-Pilates analysiert und mir dann überlegt, wie ich sie auf das Üben mit dem Tuch übertragen kann. Der Unterschied ist, dass man im Tuch lieegt, also keine statische Auflagefläche hat. Dadurch hat man weniger das Gefühl, vom Untergrund gehalten zu werden, sondern hält sich mit seiner eigenen Kraft. Eine weitere Herausforderung bestaht darin zu spüren: Wie liegt mein Körper gerade, wo ist seine neutrale Position? Man muss ständig sein Ungleichgewicht korrigieren und ausgleichen. Das heißt, das Powerhouse arbeitet intensiver. So erhöht sich automatisch die Intensität. Die einzelnen Übungen sind effektiver, da permanent die Tiefenmuskulatur adressiert wird.
Wie bist du von der Matte auf das Tuch gekommen?
Eigentlich durch das Aerial Yoga. Ich lag während einer Stunde in dem Tuch und fing automatisch an, die Haltungen aus dem Pilates einzunehmen, habe das Powerhouse angespannt. Natürlich habe ich gedacht: Entspann dich mal. Du machst hier Yoga. Aber irgendwie ging das nicht mehr aus meinem Kopf. Ich habe viel recherchiert, leider ohne Erfolg. Also habe ein Tuch gekauft und angefangen zu experimentieren. Diese Phase hat ungefähr ein halbes Jahr gedauert, bis ich sagen konnte: Jetzt habe ich meine erste richtige Stunde zusammen. Mittlerweile habe ich rund 80 Grundübungen, mit Variationen komme ich auf etwa 100 Übungen.
Wer kommt zum Unterricht? Für wen ist Flying Pilates geeignet?
Ich hatte schon die unterschiedlichsten Teilnehmer. Vor Kurzem war eine Geburtstagsgruppe hier von Frauen zwischen 50 und 60 Jahren. Die hatten sehr viel Spaß. Nicht das Alter, sondern eher der Spaß an Bewegung und am Ausprobieren sind wichtig. Man kann das Programm sehr gut jeder körperlichen Verfassung anpassen. Der Lehrer sollte lediglich Bescheid wissen über Krankheiten wie Bandscheibenvorfall, Bluthochdruck oder erhöhten Augeninnendruck.
Nach dem BWL- und Marketing-Studium hast du in großen Unternehmen im Modebereich gearbeitet. Was hat dich dazu bewegt, Fitness- und Personaltrainer zu werden?
Ich hatte einen Traumjob, es war eine sehr schöne Zeit, in der ich viel gelernt habe. Ich habe nebenbei aber immer viel Sport gemacht, eine Ausbildung zum Fitnesstrainer angefangen und auch nebenbei unterrichtet. Direkt nach den Stunden gab es direktes Feedback – dass sich die Schüler besser fühlen und sie Spaß hatten. Sowas ist toll. Ich habe mich dann weiterentwickelt, bin tiefer in die Materie gegangen, mit immer mehr Freude daran. Irgendwann gab es eine Art Fügung: Mein Arbeitgeber ist in die Insolvenz gegangen, ich brauchte einen neuen Job. Aber diese Art zu arbeiten, dieses „Höher, Schneller, Weiter“ ohne Wertschätzung, hatte mir nicht mehr gefallen. Damals ging ich in besagte Aerial Yogastunde. Das hat sich dann irgendwie verselbstständigt.
Du hast inzwischen ein eigenes Studio. Wie hat sich dein Alltag verändert?
Es ist natürlich anders, als morgens ins Büro zu fahren, abends erledigt zurück zu kommen, und irgendwo dazwischen Freizeit und Sport zu planen. Jetzt teile ich mir die Zeit selbst ein, und es ist total schön, mal einen freien Vormittag nur für mich zu genießen. Dieses Leben habe ich sehr zu schätzen gelernt. Das Studio bringt natürlich viel Organisatorisches mit sich, Buchhaltung, Finanzen, man muss putzen, pünktlich beim Unterricht sein. Aber eine gewisse Regelmäßigkeit gibt es auch hier, wenn man gut organisiert ist.
Mit wem würdest du gerne mal eine Stunde machen und warum?
Ich hätte gerne mal den Joseph Pilates hier gehabt, um zu wissen, wie er das findet. Aber das geht ja leider nicht. Sonst faszinieren mich Tänzer, ihre Körperspannung. Ihre Bewegungen sehen einfach wunderschön aus.
Hast du ein Mantra oder Leitspruch?
Die letzten zwei Jahre haben mir gezeigt, dass man auf jeden Fall auf sein Herz, seine Intuition hören muss. Auch wenn sich das sehr abgedroschen anhört. Aber das ist meine Erfahrung.
Hast du Pläne für die Zukunft?
Natürlich Flying Pilates in die Welt zu tragen! Und ein bisschen Fernweh hab’ ich immer, vielleicht mache ich irgendwann mal eine Flying-Pilates-Reise. Auch Teacher Trainings kann ich mir gut vorstellen. Das Interesse ist auf jeden Fall da. Ein Buch vielleicht? (lacht)
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